Die letzten Augustwochen verbrachte ich in einem Dorf in den Bergen am Lago Maggiore in Italien.
Als ich das letzte Mal dort war, überragte eine riesige Zeder das Dorf und bot den Insekten einen wunderbaren Unterschlupf und den Vögeln das schönste Opernhaus, in dem sie in den frühen Morgenstunden das ganze Dorf mit ihren Arien verzaubern konnten.


Diesmal stand die Zeder nicht mehr da.
Nach vielen Diskussionen mussten die Dorfbewohner die schwere Entscheidung treffen, den Baum zu fällen, um zu verhindern, dass er umstürzt und mit seinen Wurzeln Häuser mitreißt.
Der Baum ist verschwunden, aber noch Monate nach der Fällung verströmt der Baumstumpf einen intensiven, warmen, animalischen und würzigen Duft. Nach einem kurzen Zögern habe ich erkannt, woran mich der Geruch erinnert:
An die Schule!
Die Gerüche der Schule... Jetzt sehe ich mich wieder, wie ich am ersten Schultag nach den Ferien in der Grundschule durch den süßen Geruch von Wachs, Staub und Holz aus der Ferienstimmung gerissen wurde. Und noch eine Assoziation aus dieser Zeit habe ich mir behalten: es roch auch ein bisschen nach Krankenhaus.

Wusstet Ihr das? Der Geruch von Bleistift und Tinte.1)
Warum diese Verbindung von Schule und Krankenhaus?
Zu meiner Schulzeit in Frankreich enthielt die Tinte der Füllfeder Phenol in geringen Mengen. Diese Substanz, die in der Medizin als eines der ersten Antiseptika eingesetzt wurde, war damals als Konservierungsmittel in der Tinte enthalten. Da es in höheren Konzentrationen gesundheitsschädlich sein kann, wurde es ersetzt. Daher der Krankenhausgeruch, der vielleicht für die Schüler, die bereits Krankenhauserfahrung hatten, nicht so einladend war.
Daß die Zeder in Italien mich an die Schule erinnert, lässt sich auch ganz einfach erklären. Die Bleistifte wurden aus Virginia-Zedernholz und später auch aus Weihrauch-Zedernholz hergestellt.
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Referenzen
1) Nez, revue Olfactive, Printemps-Été 2016